„Mehr als Tierschutz nach Maßband“: ZZF-Symposium zum Tierwohl in der Heimtierhaltung
Wiesbaden, 12. November 2024
„Mehr als Tierschutz nach Maßband“: ZZF-Symposium zum Tierwohl in der Heimtierhaltung
Wiesbaden, 12. November 2024
Wohlbefinden bezeichnet den Zustand, in dem ein Lebewesen physisch, psychisch und sozial im Einklang ist. Wie dieses Wohlbefinden bei Heimtieren erkannt, beurteilt und nicht zuletzt verbessert werden kann, bildete das Thema des ZZF-Symposiums am 9. und 10. November in Niedernhausen. Zur 28. Fachtagung hatte der ZZF gemeinsam mit dem Bundesverband praktizierender Tierärzte (bpt), dem Bundesverband der beamteten Tierärzte (BbT) und dem Arbeitskreis „Zoofachhandel & Heimtiere” der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz (TVT) eingeladen. Im Fokus der Vorträge standen Tierwohlindikatoren in der Heimtierhaltung.
„Mehr als Tierschutz nach Maßband“: Dass Tierwohl über gesetzliche Vorschriften und Mindeststandards hinausgeht, darin waren sich ZZF-Präsident Norbert Holthenrich und die Vertreter der beteiligten Verbände, Dr. Christine Bothmann (BbT), Dr. Nicole Lange (bpt) und Dr. Andreas Franzky (TVT), bereits in ihren Grußworten einig. Die fundierten Vorträge des zweitägigen ZZF-Symposiums vermittelten anschließend den 75 teilnehmenden Tierärzten und Zoofachhändlern wichtige Indikatoren für das Tierwohl, ebenso wie Probleme bei der Haltung und Versorgung von Heimtieren.
Die beiden beliebtesten Heimtiere in Deutschland bildeten den Auftakt des ZZF-Symposiums: Dr. Constanze Pape von der LMU München widmete sich in ihren Vorträgen der Körpersprache von Hunden und Katzen. Die Tierärztin für Verhaltenstherapie erläuterte anhand von Fallbeispielen, wie die Vierbeiner bestimmte Bedürfnisse, Unbehagen, Stress oder Aggression ausdrücken. Da Tierhalter gerade kleine Signale ihrer Heimtiere oft übersehen oder nicht im Kontext sehen, entstünden oft Missverständnisse in der Mensch-Tier-Kommunikation. Hunde empfänden etwa viele Zeichen der menschlichen Zuneigung als bedrohlich, Katzen seien aufgrund ihrer wechselhaften und ambivalenten Signale noch schwieriger zu „lesen“.
Als Beutetiere drücken Kleinsäuger ihre affektiven Zustände subtiler als Hunde und Katzen aus. Dr. Anna-Caroline Wöhr von der LMU München zeigte daher typische Anzeichen für positive und negative Emotionen auf, wie das „Popcornen“ bei Meerschweinchen, also freudvolle Sprünge, oder die von Tierhaltern häufig falsch interpretierte Angststarre bei Kaninchen. Die Fachtierärztin für Tierschutz informierte auch über Indikatoren, physiologische Parameter und Ansätze wie „Grimace Scales“, die Schmerzen bei Kleinsäugern an Gesichtsausdrücken erkennen und messen lassen.
Welche Rolle spielt Refinement für das Tierwohl bei Kleinsäugern? Paul Mieskestellte hierzu seine Forschungen am Bundesinstitut für Risikobewertung vor. Eine Erkenntnis der Studien zur Haltung von Mäusen: Das Refinement, als Beispiele nannte Mieske ein tierschonendes Handling der Versuchstiere oder kognitive Anreicherung, erhöht nicht die Varianz der Versuchsdaten. Auf das Wohl von Heimtieren übertragen, sollten Halter immer wieder Variationen anbieten und beobachten, was den Tieren gefällt.
In Deutschland werden etwa 1.000 Arten als Ziervögel gehalten, davon allein 400 Arten von Papageien. Eine tiergerechte Haltung, machte Jürgen Hirt vom Bundesverband für fachgerechten Natur-, Tier- und Artenschutz (BNA) deutlich, ist nur durch eine artspezifische Umsetzung möglich. Hinzu kommt, dass Vögel ausgesprochene Individualisten sind – „und ihre Halter auch“, wie der Diplom-Biologe ergänzte. „Mindeststandards zu definieren ist wichtig, aber nicht ausreichend.“ Das Ziel sei immer die bestmögliche Haltung.
Hühner als Heimtiere im eigenen Garten liegen voll im Trend. Sabrina Kolbevom Veterinäramt Landkreis Landshut griff die private Haltung von Hühnern mit Blick auf das Tierwohl auf. Ihr Vortrag beleuchtete Pflichten der Tierhalter, Hühnerkrankheiten und Biosicherheitsmaßnahmen, dazu Aspekte der Haltung wie Stallgröße, Sozialgefüge und Enrichment.
Am zweiten Tag des ZZF-Symposiums griff Dr. Thomas Bartels (Friedrich-Löffler Institut) zunächst weitere Aspekte des Tierwohls bei der Haltung von Ziervögeln auf: „Unzureichende Haltungsbedingungen sind ein wesentlicher Faktor für tierschutzwidrige Missstände.“ Bartels wies hierzu auf ungeeignete Haltungssysteme und Ausstattungen sowie gefährliches, nicht-tiergerechtes Zubehör hin. Als weiteres Problem nannte er die Übertypisierung von einzelnen Merkmalen und ihre Folgeschäden: „Bei züchterischen Aktivitäten dürfen Gesundheit und Wohlbefinden der anvertrauten Tiere nicht außer Acht gelassen werden.“
Prof. Dr. Michael Pees (Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover) zeigte typische Fehler in Zucht, Haltung und Ernährung bei Reptilien auf. Ein häufiges Problem bildet laut Pees die Mangelernährung, besonders der Kalziummangel und die daraus resultierenden „Metabolic Bone Diseases“. Auch fehlendes UV-Licht, zu geringe Luftfeuchte, falsches Bodensubstrat und Fehler bei der Überwinterung können die Gesundheit der Reptilien beeinträchtigen.
„Das Tierwohl bei Fischen ist eine Herausforderung“, fasste Dr. Henrike Seibel(Fraunhofer IMTE) zu Beginn zusammen. Die Gründe liegen unter anderem in der Diversität an Fischarten und ihrer Haltung sowie in der Schwierigkeit, die tatsächlichen Bedürfnisse der Fische einzuschätzen: „Das Wissen darüber, was normal ist, ist Voraussetzung, um beurteilen zu können, was falsch ist.“ Welche Methoden sich bei der Gesundheitsbewertung einsetzen lassen, erklärte Seibel anhand von Schwimmweise, Futteraufnahme und weiteren Beispielen.
Wer ein Tier betreut, muss für angemessene Ernährung und Unterbringung sorgen: Dass Paragraf 2 des Tierschutzgesetzes auch für sogenannte wirbellose Futtertiere gilt, verdeutlichte Dr. Ines Bolle (Bayrisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit). Ihr abschließender Vortrag des ZZF-Symposiums befasste sich mit der Bedeutung des Tierwohls bei Arten wie Mehlwürmern, Heimchen oder Grillen sowie der Umsetzung einer tiergerechten Haltung und Versorgung im Zoofachhandel.
Wohlbefinden bezeichnet den Zustand, in dem ein Lebewesen physisch, psychisch und sozial im Einklang ist. Wie dieses Wohlbefinden bei Heimtieren erkannt, beurteilt und nicht zuletzt verbessert werden kann, bildete das Thema des ZZF-Symposiums am 9. und 10. November in Niedernhausen. Zur 28. Fachtagung hatte der ZZF gemeinsam mit dem Bundesverband praktizierender Tierärzte (bpt), dem Bundesverband der beamteten Tierärzte (BbT) und dem Arbeitskreis „Zoofachhandel & Heimtiere” der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz (TVT) eingeladen. Im Fokus der Vorträge standen Tierwohlindikatoren in der Heimtierhaltung.
„Mehr als Tierschutz nach Maßband“: Dass Tierwohl über gesetzliche Vorschriften und Mindeststandards hinausgeht, darin waren sich ZZF-Präsident Norbert Holthenrich und die Vertreter der beteiligten Verbände, Dr. Christine Bothmann (BbT), Dr. Nicole Lange (bpt) und Dr. Andreas Franzky (TVT), bereits in ihren Grußworten einig. Die fundierten Vorträge des zweitägigen ZZF-Symposiums vermittelten anschließend den 75 teilnehmenden Tierärzten und Zoofachhändlern wichtige Indikatoren für das Tierwohl, ebenso wie Probleme bei der Haltung und Versorgung von Heimtieren.
Die beiden beliebtesten Heimtiere in Deutschland bildeten den Auftakt des ZZF-Symposiums: Dr. Constanze Pape von der LMU München widmete sich in ihren Vorträgen der Körpersprache von Hunden und Katzen. Die Tierärztin für Verhaltenstherapie erläuterte anhand von Fallbeispielen, wie die Vierbeiner bestimmte Bedürfnisse, Unbehagen, Stress oder Aggression ausdrücken. Da Tierhalter gerade kleine Signale ihrer Heimtiere oft übersehen oder nicht im Kontext sehen, entstünden oft Missverständnisse in der Mensch-Tier-Kommunikation. Hunde empfänden etwa viele Zeichen der menschlichen Zuneigung als bedrohlich, Katzen seien aufgrund ihrer wechselhaften und ambivalenten Signale noch schwieriger zu „lesen“.
Als Beutetiere drücken Kleinsäuger ihre affektiven Zustände subtiler als Hunde und Katzen aus. Dr. Anna-Caroline Wöhr von der LMU München zeigte daher typische Anzeichen für positive und negative Emotionen auf, wie das „Popcornen“ bei Meerschweinchen, also freudvolle Sprünge, oder die von Tierhaltern häufig falsch interpretierte Angststarre bei Kaninchen. Die Fachtierärztin für Tierschutz informierte auch über Indikatoren, physiologische Parameter und Ansätze wie „Grimace Scales“, die Schmerzen bei Kleinsäugern an Gesichtsausdrücken erkennen und messen lassen.
Welche Rolle spielt Refinement für das Tierwohl bei Kleinsäugern? Paul Mieskestellte hierzu seine Forschungen am Bundesinstitut für Risikobewertung vor. Eine Erkenntnis der Studien zur Haltung von Mäusen: Das Refinement, als Beispiele nannte Mieske ein tierschonendes Handling der Versuchstiere oder kognitive Anreicherung, erhöht nicht die Varianz der Versuchsdaten. Auf das Wohl von Heimtieren übertragen, sollten Halter immer wieder Variationen anbieten und beobachten, was den Tieren gefällt.
In Deutschland werden etwa 1.000 Arten als Ziervögel gehalten, davon allein 400 Arten von Papageien. Eine tiergerechte Haltung, machte Jürgen Hirt vom Bundesverband für fachgerechten Natur-, Tier- und Artenschutz (BNA) deutlich, ist nur durch eine artspezifische Umsetzung möglich. Hinzu kommt, dass Vögel ausgesprochene Individualisten sind – „und ihre Halter auch“, wie der Diplom-Biologe ergänzte. „Mindeststandards zu definieren ist wichtig, aber nicht ausreichend.“ Das Ziel sei immer die bestmögliche Haltung.
Hühner als Heimtiere im eigenen Garten liegen voll im Trend. Sabrina Kolbevom Veterinäramt Landkreis Landshut griff die private Haltung von Hühnern mit Blick auf das Tierwohl auf. Ihr Vortrag beleuchtete Pflichten der Tierhalter, Hühnerkrankheiten und Biosicherheitsmaßnahmen, dazu Aspekte der Haltung wie Stallgröße, Sozialgefüge und Enrichment.
Am zweiten Tag des ZZF-Symposiums griff Dr. Thomas Bartels (Friedrich-Löffler Institut) zunächst weitere Aspekte des Tierwohls bei der Haltung von Ziervögeln auf: „Unzureichende Haltungsbedingungen sind ein wesentlicher Faktor für tierschutzwidrige Missstände.“ Bartels wies hierzu auf ungeeignete Haltungssysteme und Ausstattungen sowie gefährliches, nicht-tiergerechtes Zubehör hin. Als weiteres Problem nannte er die Übertypisierung von einzelnen Merkmalen und ihre Folgeschäden: „Bei züchterischen Aktivitäten dürfen Gesundheit und Wohlbefinden der anvertrauten Tiere nicht außer Acht gelassen werden.“
Prof. Dr. Michael Pees (Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover) zeigte typische Fehler in Zucht, Haltung und Ernährung bei Reptilien auf. Ein häufiges Problem bildet laut Pees die Mangelernährung, besonders der Kalziummangel und die daraus resultierenden „Metabolic Bone Diseases“. Auch fehlendes UV-Licht, zu geringe Luftfeuchte, falsches Bodensubstrat und Fehler bei der Überwinterung können die Gesundheit der Reptilien beeinträchtigen.
„Das Tierwohl bei Fischen ist eine Herausforderung“, fasste Dr. Henrike Seibel(Fraunhofer IMTE) zu Beginn zusammen. Die Gründe liegen unter anderem in der Diversität an Fischarten und ihrer Haltung sowie in der Schwierigkeit, die tatsächlichen Bedürfnisse der Fische einzuschätzen: „Das Wissen darüber, was normal ist, ist Voraussetzung, um beurteilen zu können, was falsch ist.“ Welche Methoden sich bei der Gesundheitsbewertung einsetzen lassen, erklärte Seibel anhand von Schwimmweise, Futteraufnahme und weiteren Beispielen.
Wer ein Tier betreut, muss für angemessene Ernährung und Unterbringung sorgen: Dass Paragraf 2 des Tierschutzgesetzes auch für sogenannte wirbellose Futtertiere gilt, verdeutlichte Dr. Ines Bolle (Bayrisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit). Ihr abschließender Vortrag des ZZF-Symposiums befasste sich mit der Bedeutung des Tierwohls bei Arten wie Mehlwürmern, Heimchen oder Grillen sowie der Umsetzung einer tiergerechten Haltung und Versorgung im Zoofachhandel.
ANSCHRIFT
Bundesverband der beamteten Tierärzte e. V.
In der Au 1
96260 Weismain
Tel.: 0951/ 97458737
E-Mail: info@amtstierarzt.de
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